Wie wird ein Wein eigentlich zu einer Marke?
Liebe Weinfreunde und Weinfreundinnen
Um über Weinmarken zu reden, müssen wir zuerst «Marke» an sich definieren. Der Winzer – und Werbegenie – John Hegarty bringt es auf den Punkt:
Im besten Fall weckt ein die Marke – also ein Name, ein Symbol oder ein Bild – in unserem Gehirn eine positive, emotionale Resonanz.
Für Wein bedeutet dies, dass Marken nicht zwingend nur Massenprodukte sind, die international verkauft werden; sondern dass Marken auch feine Weine aus kleinster Produktion wie Domaine Romanée Conti aus dem Burgund (DRC) sowie ganze Appellationen wie Champagner umfassen können.
Grob gesagt lassen sich die Markenweine in drei Gruppen einteilen:
The Legends
Einige Weine erlangen ungewollt Markenstatus, wie den eben obenerwähnten DRC. Dieser Status kam nicht etwa durch das bewusste Handeln oder durch eine gestörte Guerilla-Werbeaktion des Weingutes zustande, sondern durch schiere Marktkräfte:
- Lange Geschichte
- Absurd hohe (konsequente) Qualität
- Terroirbezogen
- Kleine Mengen
- Verrückte
Das Resultat:
The Movers & Shakers
Dann gibt es legendäre Winzer und Winzerinnen, die durch ihren einzigartigen Charakter oder ihre Arbeitsweise für Aufmerksamkeit sorgen. Diese machen zum Beispiel durch die unten stehenden Faktoren über sich reden:
- Pionierarbeit in ihrer Region
- Experimentierfreudigkeit
- Naturnahe oder kosmische Philosophie
- Originalität
- Neue Ansätze
- Qualitätsgetriebene Massarbeit
Die Faszination für diese Person, deren Weine und Weingüter ist dann fast ansteckend.
The Marketers
Und wieder anderen Weinen wird die Markenbildung als Teil einer vorgegebenen Marketingstrategie aufgedrängt. DU WIRST JETZT EINE MARKE – UND WENN NICHT CHLÖPFT'S!
- Schickes Design und aufwendige Verpackung
- Sponsoring von angesehenen Promis, Anlässen etc.
- Paillettenverzierte Markt- bzw. Produkteinführen
- Hochglanzpolierte Werbung und PR
- Erhältlich in renommierten Restaurants und evtl. nicht in deinem Lieblings-24h-Shop an der Langstrasse (bekannte Massenweine sind dann tatsächlich in jedem Laden erhältlich). Die Distribution spielt bei der Markenbildung eine sehr grosse Rolle
- Wine & Dines, Master Classes, Degustationen an schicken Orten mit schicken Leuten (und Entscheidungsträgern) und schickem Food
- Super Ratings von angesehenen Männern oder Magazinen
Du siehst: Die üblichen Marketingmassnahmen werden also durchaus auch für Weine eingesetzt.
Doch es gibt ein Aber:
Im Unterschied zu Markenprodukten wie Sportkleidern wird Weinmarken oft mit einem Naserümpfen begegnet:
Schade eigentlich. Denn Marken geben dem Menschen Verlässlichkeit, Vertrauen und emotionale Verbindung zu einem Produkt. Der Nachteil ist aber oft, dass man aus Sicherheitsdenken und/oder Prestige immer die gleichen Weinen auswählt und so nichts Neues entdeckt. Das kann für Langeweile sorgen. Einheitsbrei par excellence.
Deshalb – an alle, die sich auf eine, zwei oder drei Marken festgelegt haben:
Die Weinwelt hat so viel zu bieten.
Ich wünsche euch viel Spass beim Entkoppeln,
Madelyne